Mitten in Hannover verbirgt sich eine unbekannte, düstere Vergangenheit: Die des „Gerichts- und Zellengefängnis Hannover“. Ein riesiges Gebäude mit einer enorm facettenreichen Geschichte. Seine Mauern bestanden in sechs verschiedenen Staatssystemen, vom Königreich Hannover bis zur Bundesrepublik Deutschland. Der berühmte Serienmörder Fritz Haarmann wurde hier in den 20er Jahren inhaftiert und hingerichtet. Im Nationalsozialismus wurden in diesem Gefängnis politische Gegner*innen, sogenannte „Sittenwidrige“ und sozial Unangepasste eingesperrt, verhört, gefoltert und oftmals in Konzentrationslager deportiert. Unter ihnen Namen wie Ernst Thälmann, Otto Brenner oder die hannoveraner Widerstandskämpferin Auguste Breitzke
Die Geschichte dieses Gefängnisses ist die von verschiedenen Justizsystemen, davon, wie Recht und Gerechtigkeit in den verschiedenen Staaten definiert wurden. Sie ist die Geschichte von Umbrüchen und Kontinuitäten, von Anpassung und Widerstand. Sie erzählt von Mut und Verzweiflung, von Solidarität und schrecklicher Einsamkeit. Und sie stellt Fragen: Wie schnell können sich die Wertvorstellungen in der Gesellschaft verändern? Wer hat das Recht, Recht zu sprechen? Was haben wir eigentlich aus der Geschichte gelernt? Und was wird aus der Zukunft?
Das Projekt „Pavillon Prison Break“ bringt all diese Fragen in einer Geschichte zusammen – in einem Game!
An Ort und Stelle des ehemaligen Gefängnisses steht heute das Kulturzentrum Pavillon. Von dem historischen Gefängnis ist nichts übrig geblieben – nur ein großes Mahnmal erinnert vor den Toren des Pavillons an die Opfer aus der Zeit des Nationalsozialismus. Die Game-App „Pavillon Prison Break“ erweckt das Gefängnis und seine Insassinnen und Insassen, die Angestellten, die Angehörigen, die Nachbarinnen und Nachbarn, die Justizapparate wieder zum Leben. Denn nur, wenn wir auf sie hören, wenn wir ihre Nachrichten richtig entschlüsseln und die Rätsel der Vergangenheit lösen, kann in der Zukunft erfolgreich Widerstand geleistet werden.
In 13 Levels lädt „Pavillon Prison Break“ auf eine aufregende Reise von der Zukunft in die Vergangenheit und zurück ein. Als Location-Based-Game müssen in dem Spiel Rätsel im Pavillon und seiner Umgebung sowie an anderen Orten in Hannover gelöst werden.
Jedes der Level wird in Workshops von verschiedenen Gruppen entworfen – von Schüler*innen und Seniorinnen und Senioren, von Kulturschaffenden und Anwohner*innen. Gaming ist Soziokultur. Im Förderschwerpunkt „Neue künstlerische Formate“ der Landesarbeitsgemeinschaft Soziokultur und des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft & Kultur beschäftigt sich „Pavillon Prison Break“ mit den Möglichkeiten des Gamings für eine zeitgemäße soziokulturelle Arbeit. Denn Gamedesign ist mehr als Programmieren. Gamedesign ist kreatives Schreiben, ist Inszenierung, Storytelling, ist Interaktion, Dramaturgie. Gamedesign bietet die Möglichkeit, mit Grafik, Musik, Film, GPS, Blogs & websites & dem öffentlichen Raum zu arbeiten.
Das Release-Datum der Game-App „Pavillon Prison Break“ ist der 12.08.2017. Ab dann wird das Game dauerhaft einen Beitrag zur digitalen Soziokultur Hannovers liefern: In ständiger Aktualisierung und Überarbeitungen durch die user*innen.Wir freuen uns aufs Spielen!
Marcus Munzlinger vom Programmbereich „Gesellschaft & Politik“ des Kulturzentrum Pavillon, Projektverantwortlicher „Pavillon Prison Break“